Kohlrabi: Herzhaftes hinter harter Schale

Gusto-Kollege Nico Groth präsentiert Kohlrabi-Gemüse
Gusto-Kollege Nico Groth präsentiert Kohlrabi-Gemüse

... fast genauso könnte man auch Nico Groth, einen guten Freund und Kollegen unseres Hauses, beschreiben.
Der 35-jährige Küchenmeister ist ehemaliger Marinesoldat und hinter der harten Schale steckt ein kerniger, anständiger Typ.

Nico hat sich vorgenommen das hausbackene Image des Kohlrabis aufzupolieren und ihn auf die Bühne der gehobenen Küche zu holen. Mit seiner Kreation von Kohlrabi-Karotten-Muffins ist ihm das hervorragend gelungen, wie die Oberhessische Presse in ihrem Artikel  schreibt...

 

zum OP-Artikel

Besser-Esser
Muffins sind süß. Muffins sind klebrig. Und Muffins ­gehören eher zu einem Kindergeburtstag statt in die gehobene Küche. Nico Groth beweist das Gegenteil.
Er wagt sich an Kohlrabi-Karotten-Muffins.
 
 
 

(Bild Copyright OP-Marburg © Tobias Hirsch)

 

Irgendwie haben sie etwas Schrulliges an sich. Kohlrabi. Harte Schale, ein bisschen knollig. Ein bisschen farblos. Kohlrabi kommen dann auf den Tisch, wenn alle anderen Kochideen ausgegangen sind. In weißer Soße schwimmend. Mal mit zu viel Butter. Mal mit zu viel Mehl. Mal perfekt zubereitet. Kinder mögen sie aufgrund des hohen Zuckergehaltes. Erwachsene mögen sie, weil sie sich wieder an ihre Kohlrabi geprägte Kindheit erinnern. Manchmal zumindest. Kohlrabi vereinen Gourmet und Gemüse­skeptiker. Einache, unaufgeregte Traditionsküche. Lecker. Aber ohne einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.
Küchenmeister Nico Groth kennt dieses Problem. Und irgendwie kann er es sogar verstehen. Wieso auch experimentieren, wenn es schmeckt? Aber Nico Groth wäre nicht Nico Groth, wenn er genau diese Herausforderung nicht annehmen würde. Für die Serie „Besser Esser“ will er das Traditionsgemüse aus der harten Schale befreien und neu präsentieren. Weg von den mehr oder weniger gleichmäßig geschnittenen Stiften. Hin zu ein bisschen Küchen-Kreativität.
Kohlrabimuffins will der 35-jährige Küchenmeister, der gerade seine Ausbildung zum Betriebswirt absolviert, kreieren. „So ein Kohlrabi allein ist doch nur einfarbig auf dem Teller. Er lässt sich wunderbar mit Möhren kombinieren. Geschmacklich und farblich“, erklärt er gleich zu Beginn. Planänderung also. Heute gibt es Kohlrabi-Möhren-Muffins. Das Auge isst eben mit.
Planvoll geht der 35-Jährige vor. Ein Arbeitsschritt nach dem nächsten. Brettchen zurechtlegen, passende Messer zusammensuchen, Töpfe aufstellen.
Kochen braucht Zeit

„Ich bin straff organisiert. Ein Arbeitsschritt nach dem anderen.“ Die Organisation – das Markenzeichen. Bei Groth ist es zudem noch ein Überbleibsel aus seiner Vergangenheit. Der 35-Jährige war lange Zeit bei der Marine. Kochte dort für bis zu 1200 Mann. „Ich habe in der Zeit das Meer häufig gesehen. Nur auf einem Schiff mitfahren durfte ich nie“, erklärt er, während er die Kohlrabi kritisch beäugt. Die Blätter, erklärt Groth, müssen grün und saftig sein. Ein Frischemerkmal. Bloß nicht kraftlos herunterhängen. Die Knolle sollte nicht rissig und fest sein. Ob Klein oder Groß spielt dabei keine große Rolle. „Es gibt Kohlrabi unter 100 Gramm und bis zu acht Kilo“, erzählt Groth. 43 verschiedenen Sorten. Große Auswahl für ein Gemüse, das die Meisten nur als Beilage in der Küche verwenden. Aber was nutzt die größte Auswahl, wenn Fehler bei der Lagerung gemacht werden? „Kohlrabi wird bei falscher Lagerung holzig. In einem Küchentuch eingepackt und in dem Kühlschrank gelagert, bleibt das Gemüse bis zu vier Wochen frisch bleiben.“

 

 
Mit energischen Bewegungen schneidet er die Kohlrabi in daumenlange Stücke. Aha. Wieder die klassischen Stifte also. Nichts mit Abwechslung. Nichts mit Kreativität. Groth lächelt wissend. Setzt seinen „Wird-schon-Blick“ auf. Dicht gefolgt vom „Nicht-so-ungeduldig-Räuspern“. „Kochen darf Zeit kosten. Es muss nicht immer die 15-Minuten-Jaime-Oliver-Küche sein“. Und irgendwie wird klar: Das Schneiden und Kochen der Kohlrabi ist nur einer von vielen Arbeitsschritten. Groth wiederholt den Vorgang. Diesmal mit Möhren. Schneiden, kochen, abschütten. Immer wieder putzt er über die Arbeitsplatte, räumt benutztes Geschirr und Töpfe weg. „Köche sind manchmal verrückt. Manchmal auch chaotisch. Aber es muss geordnetes Chaos sein. Das Putzen nimmt mehr als ein Drittel der Arbeitszeit ein“, zieht der Koch nüchtern Bilanz.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Während er das Gemüse auskühlen lässt, schlägt der 35-Jährige Eier auf. Trennt Eigelb von Eiweiß. Was danach kommt, lässt sich mit einem Wort zusammenfassen: laut. Mit dem Schneebesen schlägt er das Eiweiß zu Eischnee. Wer braucht denn schon ein Rührgerät, wenn es auch mit Muskelmasse geht? Echte Handarbeit eben. Denkt man. Denn schon im nächsten Schritt schmeißt Nico Groth die abgekühlten Kohlrabistifte in einen Küchenzerkleinerer. Einmal auf den Knopf gedrückt, einmal die Ohren zugehalten. Fertig ist feinstes Kohlrabipüree.
Küchenhelfer: Touchon

„Im ersten Jahr der Ausbildung müssen die angehenden Köche alle Arbeitsschritte per Hand machen“, sagt Groth. Danach, so verrät sein Grinsen, dürfen sie auch die Annehmlichkeiten der Küchentechnik nutzen. Den Vorgang wiederholt er erneut mit den Möhren. Blitzschnell folgen die nächsten Arbeitsschritte. Würzen unterheben, schichten, einfüllen und ab in den vorgeheizten Ofen (siehe Rezept). Mit einer schnellen Bewegung greift Groth zu einem Tuch, dass sauber gefaltet an seiner Schürze hängt. „Das ist ein Touchon“, erklärt er bereitwillig. Ein Tuch, gefertigt aus 100-prozentiger Baumwolle. Vom Aussehen ähnlich wie ein normales Geschirrhandtuch. In der Struktur jedoch fester. „Wir nutzen das, um heiße Töpfe und Pfannen anzufassen oder um Sachen in den Ofen schieben zu können“. Wieder etwas gelernt. 30 Minuten lang sitzen die Muffins nun im Wasserbad im Backofen. Zeit, eine Pause einzulegen? Von wegen. Nico Groth schrubbt, putzt und wienert schon wieder. Pausen sind zum Arbeiten da. Ein Blick in das Gesicht des 35-Jährigen verrät: Er genießt diese Arbeit. Diese Mischung aus Kreativität und Disziplin. Diese Möglichkeit, immer wieder zu überraschen. Auch mit Kohl­rabi – dem Gemüse, dessen dominierendste Eigenschaft es ist, als unauffällige Beilage zu dienen. Durch die richtige Zubereitung lässt sich aber unter der harten Schale mehr erahnen: Vielseitigkeit, Kochabenteuer, Gaumenkitzel.

  • Meister im Export: Mit 40 000 Tonnen Kohlrabi ist Deutschland größter Erzeuger Europas.
  • Saison? Immer!: Kohlrabi wird nahezu das ganze Jahr über angeboten. Hochsaison ist jedoch ab Anfang Juni. Kohlrabi werden nach Art und Zeitraum des Anbaus eingeteilt. So gibt es Frühanbau, Freiland-Sommeranbau, Freiland-Herbstanbau und den Anbau in Gewächshäusern.
  • Gleich mehrere Namen: Kohlrabi ist auch als Oberkohlrabi, Oberrübe, Rübenkohl oder Stängelrübe bekannt. Die Bezeichnung leitet sich von der lateinischen Bezeichnung rapa, rupum (Rübe) und caulis (Kohl) ab.
  • Lecker und gesund: Kohlrabi gelten als nahrhaft. Sie enthalten Kohlenhydraten, Fett, Eiweiß, Magnesium, Eisen, Natrium, Vitamin B1, B2, B6 und Provitamin A.
  • Immer der Knolle nach: Der Name „Kohlrabi“ ist irreführend. Kohlrabi gehört nicht zu den Kohlsorten sondern zum Stängelgemüse. Beim Stängelgemüse werden Stängel oder die Sprosse zum Verzehr verwendet.
  • Eine Vitaminbombe: Wichtig: Die meisten Vitamine befinden sich nicht in der Knolle sondern in den Blättern. Sie können bei der Zubereitung mitgekocht werden.
  • Beilage: Kohlrabi halten sich im Kühlschrank bis zu eine Woche frisch. Eingeschlagen in ein feuchtes Tuch bis zu vier Wochen. In feuchtem Sand eingraben oder gemeinsam mit den Winterkartoffeln eingelagert   halten sie einige Wochen. Achtung: Blätter im Vorfeld entfernen.
  • Ein Knöllchen, bitte!
    Kohlrabi sollten immer eine rundliche Knollenform haben. Sind sie beispielsweise eher länglich gewachsen, zeugt das von einer zu dichten Bepflanzung.

Das Rezept:

  • 150 Gramm Kohlrabi
  • 150 Gramm Möhren
  • 25 Gramm Eigelb
  • 25 Gramm Eiklar
  • 5 Gramm Stärke
  • 5 Gramm Mehl

Die Kohlrabi und die Möhren kleinschneiden und getrennt voneinander weichkochen. Danach abtropfen lassen. Eiklar mit der Stärke zu Eischnee schlagen. Kohlrabi und Möhren getrennt voneinander zu einem feinen Brei pürieren. Vorher würzen. Unter die Masse das Eigelb und das Mehl geben. Zum Schluss Eischnee drunter heben. Gemüsemasse in einen Spritzbeutel geben und schichtweise in eine feste Muffinform füllen. Das ganze im Wasserbad bei 160 Grad ca. 20 Minuten backen lassen.

 

von Marie Lisa Schulz (Bilder Copyright OP-Marburg © Tobias Hirsch)