Geschmacksfrage? Oder alles nur heiße Luft?

Wenn ambitionierte Köche heute von molekularer Küche sprechen, sind oftmals halbe Chemiebaukästen im Einsatz. Da ist die Rede von Xanthan, Algazoon, Calziumchlorid, Natriumcitrat. Pipetten, Bunsenbrennern und dergleichen.

 

Brauchen wir das wirklich?

Melonen werden denaturiert und wieder völlig neu in Tropfenform gebracht, um als "Caviar" bezeichnet zu werden, Kressesalat wird explosiv, weil mit Stickstoff auf Minus 192°C geschockfrostet, Speckluft weht im Milchhaut-Ballon dem Gast ums Näschen... All das, um einen Platz auf der Bühne der Aufmerksamkeit zu erhaschen, einen Augenblick im Zentrum des Interesses zu stehen.

Dabei ist schnell klar, dass hier vor allem viel Showeffekt erzielt werden soll, vielleicht sogar muss, im Zeitalter der medialen Prostitution und des kulinarischen TV-Overdrives. Verkommt der Koch als Künstler, als anständiger Handwerker damit zum Entertainer, gar zum Taschenspieler? Sind es die prominenten Gladiatoren des maximalen TV-Circus, denen die heranwachsenden Köchegenerationen nacheifern sollen? Und: Hat es unsere Gastro-Branche überhaupt nötig unseren geliebten Gästen solch eine Illusion zu servieren?

Denn eins steht unumstößlich fest: kulinarisch hat die sogenannte molekulare Küche kaum etwas Fundiertes zu bieten. Gewiss, da gibt es tolle Bezeichnungen und verblüffende Effekte, mit denen man so manchen Zauberlehrling zum Staunen bringen kann. Aber wenn einmal die sprichwörtliche "Luft" raus ist, dann zählt nur eins: nämlich der Geschmack!

Und das ist es, was wir uns wieder auf die Fahnen schreiben müssen. Echte Kreativität basierend auf guten und fundierten Fachkenntnissen, gepaart mit frischen regionalen Produkten. Ergebnis: Eine ehrliche und solide Küche, die aufgrund der unglaublichen Vielfalt unserer Natur sicher nicht langweilig sein muss.